LG Hamburg: 3-jährige Speicherung der Restschuldbefreiung unter DSGVO zulässig
Restschuldbefreiungen, die im Rahmen einer Privatinsolvenz erteilt wurden, bleiben bis zu drei Jahre in der Bonitätsakte stehen. Eine vorzeitige Löschung ist möglich, allerdings macht das Landgericht Hamburg in einer neuen Entscheidung deutlich, dass es dafür triftige Gründe braucht.

Das Thema Restschuldbefreiung landet immer wieder vor deutschen Gerichten. Grund: Die Kläger verlangen von den Auskunfteien eine vorzeitige Löschung der entsprechenden Informationen, weil sie ihren Bonitätsscore beeinträchtigen. Eine solche Klage wurde jetzt vom Landgericht Hamburg abgewiesen.
Was bedeutet Restschuldbefreiung?
Durch die Restschuldbefreiung können einer Person in der Privatinsolvenz ihre Schulden erlassen werden, wenn sie diese nicht bezahlen kann. Diese Entlastung kann nach einer per Gesetz geregelten Frist gewährt werden und setzt bestimmte Pflichten voraus. Die Restschuldbefreiung dient zum einen dazu, der überschuldeten Person einen wirtschaftlichen Neuanfang zu ermöglichen. Zum anderen sollen die Gläubiger vor Ablauf der Frist einen möglichst hohen Anteil ihrer offenen Forderungen zurückerhalten. Die Restschuldbefreiung kann im Rahmen eines Insolvenzverfahrens von der Schuldnerin oder dem Schuldner erlangt werden.
Informationen, die über Insolvenzverfahren und Restschuldbefreiung zu einer Person vorliegen, dürfen gemäß DSGVO von den Auskunfteien gespeichert werden. Demnach können SCHUFA, Creditreform Boniversum, Arvato Infoscore & Co. diese Informationen laut aktueller Gesetzgebung mindestens drei Jahre lang speichern. Eine solche längerfristige Speicherung ist grundsätzlich rechtmäßig, da ein sogenanntes öffentliches Interesse an diesen Informationen besteht. Das hat das Landgericht Hamburg jetzt in einem Urteil bestätigt.
Worum geht es in der Klage?
Hintergrund ist eine Klage vor dem Landgericht Hamburg, in der der Kläger von einer Auskunftei verlangte, die Informationen zu seiner Restschuldbefreiung vorzeitig zu löschen. Diese Klage wurde vom LG Hamburg abgewiesen. Begründung: Es lägen vorrangige berechtigte Gründe für die Verarbeitung dieser Daten vor. Die Interessen der Vertragspartner der Beklagten würden die Interessen des Klägers überwiegen.
Was bedeutet das im Klartext? Aus Sicht des Gesetzgebers unterstützen Auskunfteien demnach die Kreditunternehmen wie beispielsweise Banken dabei, ihren Pflichten bei der Prüfung von Kreditvergaben nachzukommen. Banken müssen die Bonität potenzieller Kreditnehmer sorgfältig und objektiv prüfen. Hierfür sind sie auf Informationen der Auskunfteien angewiesen, die die Kreditwürdigkeit des potenziellen Vertragspartners widerspiegeln.
Würde die Auskunftei Einträge wie die zu einer Restschuldbefreiung einer Person vorzeitig löschen, würden der Bank relevante Informationen zum Bonitätsrisiko fehlen. Das Bonitätsrisiko entspricht der Wahrscheinlichkeit, mit der ein Kreditnehmer seinen zukünftigen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen will oder kann. Es ist ausschlaggebend für das Annehmen oder Ablehnen von Kreditanträgen.
Wirkt sich die Restschuldbefreiung auf den Bonitätsscore aus?
Der Bonitätsscore entspricht einem Wahrscheinlichkeitswert, der aussagt, wie zahlungsfähig und -willig eine natürliche Person ist. Laut § 31 BDSG dürfen Auskunfteien einen solchen Wert unter bestimmten Voraussetzungen verwenden. Um den Bonitätsscore zu ermitteln, darf die Auskunftei im Vorfeld personenbezogene Daten verarbeiten. Solche Daten sind zum Beispiel der Name, die Adresse, das Geburtsdatum sowie Kreditinformationen. Die Verarbeitung dieser Daten ist gesetzlich geregelt. Mithilfe des Bonitätsscores sind Kreditunternehmen dazu in der Lage, die Kreditwürdigkeit eines potenziellen Vertragspartners objektiv einschätzen zu können. Somit sind sie nicht allein auf dessen Angaben angewiesen.
Auch die Restschuldbefreiung fließt in den Bonitätsscore mit ein und ist rechtmäßiger Bestandteil. Sie stellt ein negatives Merkmal in der Kreditwürdigkeit dar. Daten über das Insolvenz- und Restschuldbefreiungsverfahren dürfen von den Auskunfteien drei Jahre lang gespeichert werden. Der aktuelle Entwurf für eine gesetzliche Richtlinie sieht vor, dass diese Frist von drei Jahren auf ein Jahr verkürzt wird. Gegen die längerfristige Speicherung wird häufig Klage eingelegt: Die Kläger monieren, ihr Bonitätsscore und somit ihre Chance auf beispielsweise einen Kredit würden davon beeinträchtigt werden.
Bonitätsinformationen gelten als Fundament der Kreditwirtschaft
In der Rechtssprechung diesbezüglicher Fälle wird immer wieder entschieden, dass an Auskunfteien beziehungsweise an den von ihnen gespeicherten Informationen öffentliches Interesse bestehe. Darüber hinaus bestehe ein berechtigtes Interesse Dritter, womit die Vertragspartner der Auskunfteien gemeint sind, die Kreditgeber. Es bestehe ein sachlicher Informationsbedarf der Kreditgeber zur Liquidität ihrer Kreditnehmer. Die Informationen, die sie benötigen, holen sich die Kreditgeber in Form einer Bonitätsauskunft ein.
Das Hamburger Landgericht ist der Auffassung, dass die Auskunftei als Gemeinschaftseinrichtung der kreditgebenden Wirtschaft ein Interesse an der fraglichen Datenverarbeitung habe. Die Ermittlung der Kreditwürdigkeit und die Erteilung von Bonitätsauskünften bildeten demnach das Fundament des deutschen Kreditwesens. Dies diene dem Schutz der Verbraucher vor Überschuldung und damit auch der Funktionsfähigkeit der Wirtschaft.
Eine vorzeitige Löschung ist übrigens nur ausnahmsweise gerechtfertigt, beispielsweise, wenn Gründe rechtlicher, wirtschaftlicher, ethischer, sozialer, gesellschaftlicher oder familiärer Natur vorliegen. Diese müssen hinreichend begründet und glaubhaft gemacht werden.
Könnte dich interessieren: