Tilgungsaussetzung
Im Normalfall wird ein Kredit in Form von monatlichen Raten getilgt. Wer einen Blick in seinen Kreditvertrag wirft, stellt aber häufig fest, dass Banken eine Aussetzung der Tilgung unter bestimmten Voraussetzungen zulassen. Dies kann vor allem in Zeiten finanzieller Engpässe hilfreich sein und ist häufig im Zusammenhang mit Baufinanzierungen oder Festhypotheken anzutreffen.
Veröffentlicht am: 29.03.2021
Was ist eine Tilgungsaussetzung?
Von einer Tilgungsaussetzung spricht man, wenn die Rückzahlung eines Kredits unterbrochen wird. Wird eine Tilgungsaussetzung vereinbart, zahlt der Kreditnehmer für die gesamte Laufzeit oder für einen vereinbarten Zeitraum nur die monatlich fälligen Zinsen. Die Tilgung der Kreditsumme erfolgt in dieser Zeit nicht. Oft wird in diesem Zusammenhang fälschlicherweise angenommen, dass in dem festgelegten Zeitraum überhaupt keine Raten bezahlt werden müssen, für die fälligen Zinsen des aufgenommenen Kreditbetrages fallen jedoch auch während der Zeit der Tilgungsaussetzung zu zahlende Raten an.
Die Möglichkeit einer Tilgungsaussetzung sollte im Kreditvertrag definiert werden, denn nur dann ist im Notfall eine Aussetzung möglich. Eine Tilgungsaussetzung aufgrund von finanziellen Schwierigkeiten bei einem bestehenden Kreditvertrag setzt stets das Einverständnis der kreditgebenden Bank voraus. Wird die monatliche Tilgungsrate ohne Zustimmung der Bank von sich aus gekürzt oder ausgesetzt, so riskiert der Kreditnehmer die Kreditkündigung durch die Bank.
Bei Darlehen zur Tilgungsaussetzung wird die gesamte Finanzierungssumme erst zum Ende der Vertragslaufzeit fällig. Genauer kann in einem solchen Fall von einem endfälligen Darlehen mit Tilgungsersatz gesprochen werden. Diese Variante ist im Rahmen von Immobilienfinanzierungen am verbreitetsten. Die gesamte Tilgung wird dabei in einer Gesamtsumme am Ende der Vertragslaufzeit geleistet. Um diese vergleichsweise Summe am Laufzeitende zahlen zu können, können Kreditnehmer während der Laufzeit unterschiedliche Maßnahmen zum Vermögensaufbau ergreifen. Dazu zählen beispielsweise eine kapitalbildenden Lebensversicherungen, Bausparverträge oder Rentenversicherungen.
Ein nicht unerheblicher Vorteil ist, dass anfallende Guthabenzinsen bei Tilgungsaussetzung teilweise von der Steuer befreit werden können. Für einen Kredit mit Tilgungsaussetzung sollte eine möglichst lange Zinsbindungsfrist vereinbart werden. Auf diese Weise muss man sich lange Zeit nicht um ein weiteres Verbriefen des Kredits, zu möglicherweise höheren Zinsen, kümmern.
Die Tilgungsaussetzung bei der Bau- und Immobilienfinanzierung
Im Rahmen einer Baufinanzierung kann die Tilgungsaussetzung bewusst von Anfang an vertraglich vereinbart werden. Ein Kreditnehmer hat mehrere Möglichkeiten, seine Baufinanzierung zurückzubezahlen. Er kann also für die aufgenommene Kreditsumme über die gesamte Laufzeit hinweg ausschließlich Zinsen bezahlen. Das freie Kapital, den sogenannten Tilgungsersatz, investiert er dabei in andere Modelle. Mit diesem angesparten Kapital löst er nach der Laufzeit die Restschuld ab und ist danach schuldenfrei.
Wird die finanzierte Immobilie eigengenutzt und der Kreditnehmer legt Wert darauf, das Leben der Familie abzusichern, so eignet sich am besten eine kapitalbildende Lebensversicherung als Tilgungsersatz.
Auch die Möglichkeit das freie Kapital in einen Bausparvertrag zu investieren sollte bedacht werden. Dabei spart man normalerweise ungefähr die Hälfte der Bausparsumme an und bekommt die andere Hälfte von der Bausparkasse zu günstigen Zinsen bereitgestellt. Anders als bei einer Lebensversicherung ist die Summe zum Ende der Laufzeit hier von vornherein klar definiert.
Sowohl Lebensversicherung als auch Bausparvertrag werden zum Zweck der Darlehensrückführung vom Kreditnehmer an das kreditgebende Institut abgetreten. Im Todesfall bezahlt die Lebensversicherung also als Erstes den Kredit, eventuelle Erben erhalten nur den Rest, falls vorhanden. Dabei ist zu beachten, dass bei einer kapitalbildenden Lebensversicherung zum eventuellen Todeszeitpunkt nur der bis dahin angesparte Betrag ausgezahlt wird. Daher empfiehlt es sich grundsätzlich, eine zusätzliche Risikolebensversicherung abzuschließen, um die Familie für den Fall des Todes des Hauptverdieners abzusichern.
Eine Risikolebensversicherung ist glücklicherweise nicht teuer und kann sogar mit fallender Versicherungssumme abgeschlossen werden. Im Todesfall sichert sie den gesamten Kreditbetrag ab. Jedoch wird bei Risikolebensversicherungen kein Kapital angespart, die monatlichen Beiträge fließen vollständig in den Versicherungsschutz.
Die Tilgungsaussetzung als Hilfe in schwierigen Zeiten
In finanziell angespannten Zeiten kann eine Tilgungsaussetzung über einen kurzen Zeitraum durchaus eine Hilfe sein. Dabei sollte allerdings bedacht werden, dass sich die Laufzeit verlängert, wodurch auch die Gesamtkosten für den Kredit steigen können.
Vereinbart der Kreditnehmer eine Tilgungsaussetzung, so bezahlt er für die vereinbarte Zeit der Tilgungsaussetzung die Zinsen, die nach der letzten abgerechneten Tilgung fällig sind. Auch für Banken macht eine Aussetzung der Tilgung unter Umständen durchaus Sinn, da so in vielen Fällen ein vorübergehender finanzieller Engpass gut abgefangen werden kann und kein Mahnverfahren nötig wird. Eine Eintreibung von Kreditschulden durch Mahnverfahren ist für beide Seiten sehr kostenintensiv und wird daher in den meisten Fällen erst als letztes Mittel bei finanziellen Schwierigkeiten des Kreditnehmers genutzt. Sieht der Kreditvertrag die Möglichkeit einer außerordentlichen Tilgung vor, kann der Kreditnehmer, wenn die Schwierigkeiten überwunden sind, jederzeit den vereinbarten Betrag innerhalb eines Jahres außerordentlich tilgen.
Weitere Vorteile
Neben den bereits angesprochenen Punkten bringt eine Tilgungsaussetzung unter gewissen Umständen weitere Vorteile mit sich. Der Kreditnehmer kann sich, wenn er die Finanzierung aus gewerblichen Gründen oder für Vermietungsobjekte aufnimmt, Investoren für sein Bauprojekt suchen und Zinsen als Werbungskosten steuerlich geltend machen.
Ein weiterer Vorteil liegt in der Anlegerendite. Liegt die Rendite der Anlage über dem Darlehenszins, kann sich für den Kreditnehmer durch den Differenzeffekt ein weiterer finanzieller Vorteil ergeben. Er könnte in diesem Fall durch geschicktes Anlegen der finanziellen Mittel den Kredit komplett zurückbezahlen und den Rest der durch Rendite angesparten Summe behalten.
Weitere Artikel aus dem bonify Kredite-Lexikon:
Veröffentlicht am: 20.05.2022